Wer schrieb das Handbüchlein der Moral?

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Und schon sind wir bei Beitrag Nummer vier im Stoa.Blog. Heute geht es um einen Sklaven, der sich als Philosoph nicht nur bei zwei römischen Kaisern einen Namen machte. Sein Hauptwerk hat bis heute nichts an Gültigkeit verloren.

Der Stoiker Epiktet

Der Geburtsort des Sklaven und späteren Philosophen Epiktet liegt wahrscheinlich in Hierapolis (Phrygien), das heute zur Türkei gehört. Sein Geburtsdatum wird auf etwas 55 nach Christus geschätzt. In Rom war er Sklave von Epaphroditus. Nach Neros Tod Jahre erhielt Epiktet die Freiheit, wurde Schüler von Musonius Rufus und später selbst Lehrer. Wie einst Sokrates in Athen ging Epiktet in Rom umher und verwickelte die Bürger in philosophische Gespräche. 

Domitian verbannt die Philosophen

Unter Kaiser Domitian setze eine Verbannung vom Philosophen ein, und Epiktet musste Rom verlassen. In der Stadt Nikopolis im Nordwesten Griechenlands gründete er schließlich seine eigene Schule, wo er Logik, Physik und Ethik unterrichtete, die drei Grunddisziplinen der stoischen Philosophie. Der Ort lag verkehrsgünstig an einer Hauptstraße zwischen Rom und Athen. Viele Römer und Griechen besuchten seine Schule, darunter Hadrian, der Kaiser Roms von 117-138. Auch Lucius Flavianus Arrianus Xenophon, kurz Arrian, hörte die Lehre Epiktets. 

Das philosophische Erbe Epiktets

Es ist Kaiser Lucius Flavius Arrianus, kurz Arrian (85–90, † nach 145/146) zu verdanken, dass die Lehre Epiktets nicht verloren gegangen ist. Denn wie einst Sokrates hat auch Epiktet selbst nichts Schriftliches hinterlassen. Arrian hörte die Vorlesungen Epiktets und stellte die Unterredungen (Diatribai) und das Handbüchlein der Moral (Encheiridion) zusammen. Das Handbüchlein wurde sehr populär. Marc Aurel (121-180), der Stoiker auf dem Kaiserthron, hat sich bei der Verfassung seiner Memoiren von Epiktet inspirieren lassen.

Der Mensch Epiktet

Über den Menschen Epiktet ist nur wenig bekannt. Wahrscheinlich litt der an einer Lähmung, verursacht entweder durch die Grausamkeit seines Herrn Epaphroditus oder eine rheumatische Erkrankung. Ferner ist bekannt, dass Epiktet ein sehr einfaches Leben führte, in hohem Alter heiratete und ein Waisenkind aufnahm.

Aus dem Handbüchlein der Moral

Nicht die Dinge selbst, sondern die Meinungen von den Dingen beunruhigen die Menschen. So ist z.B. der Tod nichts Schreckliches, sonst wäre er auch dem Sokrates so erschienen; sondern die Meinung von dem Tod, daß er etwas Schreckliches sei, das ist das Schreckliche. Wenn wir nun auf Hindernisse stoßen, oder beunruhigt, oder bekümmert sind, so wollen wir niemals einen andern anklagen, sondern uns selbst, das heißt: unsere eigenen Meinungen. Sache des Unwissenden ist es, andere wegen seines Mißgeschicks anzuklagen; Sache des Anfängers in der Weisheit, sich selbst anzuklagen; Sache des Weisen, weder einen andern, noch sich selbst anzuklagen.

Nicht die Dinge selbst, sondern die Meinungen von den Dingen beunruhigen die Menschen.

Epiktet

Sei auf keinen fremden Vorzug stolz. Wenn das Pferd sich stolz erhebend spräche: wie schön bin ich! so könnte man sich das gefallen lassen. Wenn aber du selbst voll Stolz sprächest: welch ein schönes Pferd habe ich! so wisse, daß du auf die Vorzüge deines Pferdes stolz bist. Was ist nun aber dein? Der Gebrauch deiner Vorstellungen! Wenn du also von deinen Vorstellungen einen naturgemäßen Gebrauch machst, dann magst du stolz sein; denn alsdann bist du stolz auf einen Vorzug, der dir gehört.

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